Rudolf von Ems: Barlaam und Josaphat
vv. 11169–11330 / vv. 12753–12914
F-j5q3
General Information
Kodikologie:
- Reste eines seitens beschnittenen Doppelblatts. Das erste Blatt ist rechts beschnitten, so dass nur die Hälfte der Verse auf fol. 20rb und 20vb erhalten ist.
- Rote und blaue Initialen gliedern den Text; die Anfangsbuchstaben jedes Verses sind durch einen roten Strich geziert.
- Die Handschrift ist in einer sorgfältigen Textualis aus der Mitte des 14. Jahrhunderts (vgl. Prillwitz, S. 74) oder der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Donnet 2023) abgeschrieben worden. Die zweistöckige Form des Buchstabens a, das Schrumpfen der unteren g-Bögen, die Verlängerung der unteren Schäfte der Buchstaben h, welche mit einem nach links umschwingenden feinen Strich geziert sind, sowie das runde s, welches vor dem Schaft-s in Schlussstellung bevorzugt wird, sprechen für eine Entstehung der Handschrift im 14. Jahrhundert (vgl. Schneider, 2009, S. 8f.); da bereits i-Striche zu beobachten sind, die im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts zunehmend vorkommen, (vgl. Schneider, 2009, S. 8), diese aber nicht systematisch verwendet werden, wäre vielleicht die Entstehungszeit der Handschrift in die erste Hälfte des Jahrhunderts zu rücken.
Schreibsprache:
- Mitteldeutsch (vgl. Prillwitz, S. 74); ostmitteldeutsch, vielleicht thüringisch (Donnet 2023).
- Als thüringisches Merkmal gilt die auf fol. 21r vorkommende Form kegen für mhd. gegen (vgl. MhdGr § L 74, Anm. 1; Lasch § 335, Anm. 1). Generell Ostmd. ist Hebung von /o/ zu /u/, wie auf fol. 21v in ſulch für mhd. ſolch (vgl. MhdGr § E 34, Anm. 4).
Inhalt:
- Das Fragment überliefert die Verse 11169–11330 (280,29–284,30, ed. Pfeiffer 1843) und 12753–12914 (320,13–324,14, ed. Pfeiffer 1843) von Rudolfs von Ems 'Barlaam und Josaphat', einer Bearbeitung in deutscher Sprache des Legendenstoffes vom Leben Buddhas.
Original Condition
Current Condition
Spuren von späteren Benutzungen der Handschrift sind noch sichtbar:
Fol. 20v: Stempel Ex Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebens
Fol. 20v und 21v: Stempel der Königlichen Bibliothek zu Berlin
Fol. 21rb: Das Wort Basis ist mitten im Text zu lesen (v. 11–14). Der Buchstabe B ist vier Zeilen hoch, die Buchstaben -asis zwei Zeilen hoch.
Fol. 21r: Am rechten Rand sind die Wörter Ex collectione G. Pölchau zu lesen, von einer späteren Hand eingetragen.
Am oberen und unteren Rand über jeder Spalte auf fol. 20 ist jeweils eine moderne Seiten- und Versnummerierung hinzugefügt worden. Sie bezieht sich auf Friedrich Karl Köpkes Ausgabe (1818) von Rudolfs von Ems 'Barlaam und Josaphat':
- fol. 20ra: 280,27–281–26 in Köpkes Ausgabe;
- fol. 20rb: 281,27–282,26;
- fol. 20va: 282,27–283,26;
- fol. 20vb: 283,27–284,28;
- fol. 21ra: 317,29–318,30 (in der Handschrift steht irrtümlicherweise "317,30");
- fol. 21rb: 318,31–319,30 (in der Handschrift stehen irrtümlicherweise "317,31" und "318,30");
- fol. 21va: 319,31–320,30;
- fol. 21vb: 320,31–321,30.
Zwischen den Blättern fehlen also 1320 Verse in Köpkes Ausgabe. Mit Doppelblättern à 40 Verse pro Spalte wären zwischen fol. 20vb und fol. 21ra etwa vier Doppelblätter verlorengegangen. Vielleicht stellt das überlieferte Doppelblatt das äußerste Blatt einer Lage – in diesem Fall eines Quinternions – dar, wie sie im 13. und im 14. Jahrhundert oft verwendet wurden (vgl. Schneider, 2014, S. 120).
Bibliography
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Barlaam und Josaphat von Rudolf von Montfort, hg. und mit einem Wörterbuche versehen von Fr[iedrich] Karl Köpke. Königsberg 1818.
-
Barlaam und Josaphat von Rudolf von Ems, hg. von Franz Pfeiffer. Leipzig 1843 (Dichtungen des deutschen Mittelalters 3).
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Lasch, Agathe, Mittelniederdeutsche Grammatik. Tübingen 1914.
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Prillwitz, Siegmund, Überlieferungsstudie zum "Barlaam und Josaphat" des Rudolf von Ems. Eine textkritisch-stemmatologische Untersuchung. Kophenhagen 1975, S. 74.
-
Walliczek, Wolfgang, Rudolf von Ems, in: 2Verfasserlexikon 8 (1992), Sp. 321–345, hier Sp. 329–332 zu 'Barlaam und Josaphat'.
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Paul, Hermann, Mittelhochdeutsche Grammatik. 25. Auflage, neu bearbeitet von Thomas Klein, Hans-Joachim Solms und Klaus-Peter Wegera. Mit einer Syntax von Ingeborg Schröbler, neubearbeitet und erweitert von Heinz-Peter Prell, Tübingen 2007 (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte A.2).
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Schneider, Karin, Gotische Schriften in deutscher Sprache. II. Die oberdeutschen Schriften von 1300 bis 1350. Textband, Wiesbaden 2009.
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Schneider, Karin, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten. Eine Einführung, 3. Auflage, Berlin und Boston 2014 (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte, Ergänzungsreihe).